HU-Professorin Linda Onnasch ist Spezialistin im Bereich Automationspsychologie. Seit ihrer Promotion beschäftigt sie sich mit dem Verhältnis zwischen Mensch und Maschine, forscht dazu, wie Menschen mit Robotern interagieren. Für die menschliche Neigung, zum technischen Gegenüber soziale Beziehungen aufzubauen, hat die Wissenschaftlerin viele Beispiele gefunden.
Nicht selten hat die soziale Ader des Menschen gefährliche Konsequenzen, etwa beim Einsatz von technischen Assistenzsystemen in Krisengebieten: „Soldaten geben Robotern Namen, die in Kriegsgebieten Bomben entschärfen. Auch verleihen sie ihnen militärische Würden, wenn sie im Kampf zerstört wurden und gefährden teilweise sogar ihr eigenes Leben, um die Roboter aus einer brenzligen Situation zu retten,“ berichtet die Forscherin.
Roboter Nao – Mensch oder Maschine?
Gemeinsam mit dem Philosophen Peter Remmers von der TU Berlin fand Linda Onnasch in einer theoretischen Forschungsarbeit heraus, dass unter anderem vermenschlichende Beschreibungen von Robotern zu unangemessenen Bindungen führen können. Für die empirische Prüfung ihrer Thesen nutzten die Forscherin und ihr Team unter anderem den sehr menschlich aussehenden Roboter Nao: Versuchspersonen mussten mit seiner Hilfe eine komplizierte Aufgabe lösen.
Während 50 Prozent der Probanden vorab eine rein funktionale Beschreibung des Roboters erhielt, wurde der anderen Hälfte ein sehr emotionales und vermenschlichtes Bild vermittelt. Nach der gemeinsamen Aufgabenbearbeitung wurden die Versuchspersonen gefragt, ob sie bereit wären, für eine anfallende Reparatur des Roboters Geld zu spenden. Die These der Forscher war, dass die vermenschlichende Herangehensweise das Entstehen sozialer Bindung begünstigt und die Spendenbereitschaft erhöht. Doch anders als erwartet, war die Spendenbereitschaft unter den Probanden, die auf einer sehr sachlichen, technischen Ebene an das Experiment herangeführt worden waren, deutlich höher als in der Vergleichsgruppe.
Vermenschlichung von Robotern nicht immer angemessen
„Eine erste These hierzu ist, dass die sehr vermenschlichende Beschreibung des Roboters dazu führt, dass er weniger als Werkzeug und mehr als eigenständiges Subjekt wahrgenommen wird. Dadurch geht der Zweckbezug des Roboters verloren: Menschen sind weniger bereit zu spenden, da die technischen Fertigkeiten, mit deren Hilfe der Roboter die Aufgabe erfüllt, nicht mehr im Vordergrund stehen“, so die Erläuterung der HU-Wissenschaftlerin.
Zur Überprüfung dieser Hypothese wiederholte Linda Onnasch das Experiment, betonte diesmal allerdings gegenüber den Probanden, dass die technische Funktionsfähigkeit des Roboters zur Erfüllung der Aufgabe von großer Bedeutung sei. „Zusammenfassend weisen unsere Ergebnisse darauf hin, dass die Vermenschlichung von Robotern nicht immer angemessen ist,“ so die Forscherin. Wenn beim Umgang mit Robotern deren technische Beschaffenheit aus dem Blick gerate, könne das durchaus negative Auswirkungen haben.